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Die Galerie Alex Schlesinger wurde 2003 gegründet. Den Schwerpunkt der Ausstellungstätigkeit bildet die zeitgenössische Malerei im Spannungsfeld zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit. Urbanes Leben und Architektur bilden die Hauptthemen des Programms. Die Galerie betreut zurzeit über 20 Künstler aus dem In- und Ausland und veranstaltet sieben Ausstellungen pro Jahr. Ausserdem beteiligt sie sich regelmässig an Kunstmessen in der Schweiz und im Ausland. Die Galerie ist Mitglied des «Verbands Schweizer Galerien» (www.artgalleries.ch). Im Oktober 2023 wurde Alex Schlesinger in den Vorstand des Verbands Schweizer Galerien gewählt.



20 JAHRE GALERIE SCHLESINGER
DAS INTERVIEW
Alex Schlesinger im Interview mit Jon Bollmann


Alex, wie bist Du Galerist geworden?
Neue Herausforderungen interessier(t)en mich immer. Neben meiner Haupttätigkeit als Lehrer für Französisch am Realgymnasium Rämibühl in Zürich und der Leitung eines Kulturvereins, entschloss ich mich 2000, eine Zusatzausbildung zum Kulturmanager zu absolvieren. Daraus entstand 2003 die Idee, eine eigene Galerie zu gründen und dort meine Leidenschaft für Kunst auszuleben.

Wo?
Beim Spyriplatz auf dem Zürichberg. Nach vier Jahren zog ich dann weiter an die Tödistrasse im Engequartier. Dort fand ich einen idealen Ort mit drei grossen Wänden. Eine Rarität! Und es hat viel Laufkundschaft. Weniger als am Paradeplatz, aber dafür stressbefreit mit genügend Musse, ins Schaufenster zu schauen und einzutreten.

Welches waren Deine ersten Entdeckungen?
An einer Kunstmesse in Köln sprangen mir die Arbeiten von Raphaël Renaud ins Auge und ich nahm ihn unter Vertrag. Kurz darauf veranstaltete eine Bank in Zürich einen Anlass, wo junge Künstler ihr Werk vorstellen konnten: dort traf ich auf Tobias Weber und Patrick Tschudi.

Wie hat sich die Suche nach Künstlerinnen und Künstlern verändert?
Ich arbeite weiterhin nur mit Künstlerinnen und Künstlern zusammen, die mir gefallen und in mein Programm passen. Dazu überlege ich mir auch, ob ich für einen potentiellen neuen Künstler das richtige Publikum habe. Bei den Kanälen spielen heute auch die sozialen Medien eine Rolle. Josef Schäppi etwa habe ich über Instagram entdeckt.

Erkennst Du den Charakter eines Künstlers in seinem Werk?
Auf jeden Fall, aber ich erkenne ihn auch beim Aufhängen seiner Werke. Die einen kommen mit einem Hammer und ein paar Nägeln und nach einer Stunde hängt alles. Andere messen die Galerie aus und machen sich lange Zeit Gedanken darüber, wie die Dramaturgie aussehen soll. Das ist gerade dann im Galerieraum spannend, wenn sie kleine Ateliers haben; denn hier wirkt das natürlich anders. Da waren sie über ein Jahr im stillen Kämmerlein am Arbeiten — und dann geht plötzlich der Vorhang auf. Wenn keine Reaktion kommt, ist das schlimm.

Wann ist ein Kunstwerk gut?
Ich finde es gut, wenn es nicht nur dekorativ ist und zum Sofa passt, sondern auch etwas stört oder anregt. Man soll immer wieder etwas Neues entdecken können in den Werken. Farbe, Stimmungen, Details, etc. Auch nach Jahren.

Wie komponierst Du in diesem weissen Galerieraum eine Ausstellung?
Die Wände bei den Schaufenstern sind eher für Eyecatcher gedacht, während ich weniger reisserische Werke in den hinteren Teil der Galerie platziere. So kommen die Leute rein und schauen sich alles an.

Was kosten Bilder in Deiner Galerie?
Viele sind in einem ähnlichen Rahmen, der Schnitt ca. bei CHF 5'000. Man ist schon mit ein paar hundert Franken dabei, kann aber auch wesentlich mehr ausgeben.

Erkennst Du, ob jemand etwas kaufen wird?
Nein. Manchmal kommen Leute auf oder nach einer wilden Joggingrunde verschwitzt rein — und kaufen spontan etwas für mehrere tausend Franken.

Und die bezahlen dann auch?
Ich hatte in diesen zwanzig Jahren nur einmal jemanden betreiben müssen. Diese Kundin war an einer Messe in einen Kaufrausch geraten und hatte an jedem Stand etwas gekauft. Mittlerweile hat sie das Bild aber abgestottert und kann ihre Sammlung hoffentlich schuldenfrei geniessen.

Kaufen Deine Kunden mit Herz oder mit dem Kopf?
Passanten aus diesem Geschäftsviertel fragen eher mal nach, wie die Wertsteigerung der Kunst einzuschätzen sei. Grund­sätzlich kaufen meine Kunden aber 
mit dem Herzen; für die Wand, nicht für den Tresor.

Welches sind die gängigsten Ausreden, ohne Kunst wieder aus der Galerie zu gehen?
Viele Leute machen noch eine Bemerkung, dass es weitergehen könnte: «Wie lange geht die Ausstellung noch?», «Ich muss noch mit meiner Frau/meinem Mann sprechen.» oder «Was ist denn die nächste Ausstellung?» — und dann lösen sie sich in Luft auf.

Wie kommen die Besucher auf deine Galerie?
Sehr oft wegen Referenzwerken, die jemand sieht. Neulich etwa kam jemand, dessen Nachbar ein Werk von Valentin van der Meulen hatte. Er kaufte auch eines — aus derselben 3-teiligen Serie, die damit wieder ganz nahe zusammen gefunden hat.
Oder dann gibt es da einen Dermatologen, der grosser Fan ist von Raphaël Renaud. Er hat viele Kollegen angesteckt und mir scheint, dass heute viele Dermatologen in Zürich ein Werk von Renaud haben müssen.

Welche der vielen Galeriearbeiten gefällt Dir am besten?
Das Kreative: Ausstellungen zusam­menstellen, Messeauftritte kreiieren. Typisch Galerist: keine eigenen Talente, aber wenn er mit der Kunst seiner Künstler kreativ werden darf, wird er glücklich.

Gibt es bei Dir wilde Vernissagen?
Nein: alles in geregelten Bahnen. Etwas zum Knabbern, genügend Wein und Wasser — nur Weisswein, wegen den Bildern — und nach der Vernissage ein gemeinsames Abendessen mit Gesprächen. Ausschweifend sind andere. Bei mir ist die Kunst im Zentrum, nicht das Cüpli.

Was wünschst Du Dir für die Galerie?
Einen zweiten Raum, in dem ich das Bilderlager permanent gut zugänglich machen könnte.

Gibt es Dich in 20 Jahren noch?
Es wäre schön und erfreulich, wenn ich auch noch mit 83 Jahren mit dem gleichen Elan und der gleichen Begeisterung wie heute die Galerie führen könnte. Mal schauen…

Das Interview als PDF:
Interview (PDF)






THE ART TALK MAGAZINE
Interview Dezember 2023
Interview (PDF)